Ikonographie

Yvain-Handschrift P (69v)Yvain kämpft mit Esclados und unterhält sich mit Lunete                                                            Yvain-Handschrift P, Bl. 69v                                                                                                          Aus: Gallica

Inhaltsverzeichnis

  • Die Wandmalereien auf Schloss Rodenegg, 11 Szenen, Südtirol, 1200/1230
  • Die Wandmalereien des ‚Hessenhofs‘, 22 Szenen, Schmalkalden, 1200/1250
  • Die Miniaturen der Yvain-Handschrift P, 23 Szenen, Pikardie (heute Paris), Ende 13. Jh.
  • Die Miniaturen der Yvain-Handschrift R, 7 Szenen, Pikardie (heute Princeton), Ende 13. Jh.
  • Die Stickereien des ‚Maltererteppichs‘, 2 Szenen, Freiburg/Breisgau, 1300/1320
  • Die Wandmalerei auf Schloss Runkelstein, 1 Szene, Südtirol, 1385/1410
  • Die Misericordien in Nordengland, 1 Szene in vier Varianten, Lincoln/Chester/Boston/Oxford, 1380–1480
  • Die Miniatur der Iwein-Handschrift p, 1 Szene, Westmitteldeutschland (heute Paris), 1400/1450
  • Die Miniaturen in Le chevalier au lion des Pierre Sala, 2 Szenen, Lyon (heute Paris), um 1522
  • Die Holzschnitte im Mabinogion der Lady Guest, 4 Szenen, Wales, 1838
  • Die Wandmalereien im Sagenzimmer des Schweriner Schlosses, 2 Szenen, Schwerin, 1856/1857

Die Löwenritter-Ikonographie ist vielfältig und unterscheidet sich von Land zu Land. Nur in Skandinavien haben die lokalen Bearbeitungen der Erzählung zu keiner bildlichen Darstellung angeregt. Frankreich hatte im 14. Jahrhundert einen Yvain-Teppich, aber heute sind nur drei Handschriften mit dieser speziellen Ikonographie erhalten. Deutschland hat im Gegensatz zu Frankreich keine illustrierte Iwein- oder Iban-Handschrift, nur eine schwer interpretierbare Federzeichnung in einer jungen Iwein-Abschrift. Dagegen diente Hartmanns Roman als Textvorlage für Wandmalereien in Thüringen und Südtirol und einen Teppich in Freiburg/Breisgau. Großbritannien hat nur Holzskulpturen, obwohl die Erzählung dort in drei verschiedenen Sprachen vorlag. Vermutlich regte die englische Fassung zu den lokalen Misericordien mit einem Yvain-Motiv an.

Aus der Zeit zwischen dem frühen 13. Jahrhundert und 1522 sind 73 ikonographische Löwenritterzeugnisse belegt: 34 Wandmalereien und 2 Stickereien an vier Standorten des deutschen Sprachraums, 32 Zeichnungen in drei französischen Handschriften aus der Pikardie und Lyon, 1 Zeichnung in einer westmitteldeutschen Handschrift  und 4 englische Holzskulpturen. Fast sämtliche Darstellungen stammen aus dem 13. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert entstanden die letzte Wandmalerei und drei Holzskulpturen. Aus dem 15. Jahrhundert stammen die jüngste englische Holzvariante und die deutsche Zeichnung, aus dem 16. Jahrhundert zwei französische Handschriftenminiaturen.

Im 14. Jahrhundert ist außerdem eine französische Stickerei belegt. Laut einem Inventar vom 20. März 1379 hatte König Karl V. von Frankreich in einem Raum des Louvre einen Yvain-Teppich (Labarte 1879, S. 378 (Nr. 3686) [abrufbar]: Item, le tapiz de messire Yvain). Im selben Raum befanden sich auch Teppiche mit dem Heiligen Graal und den ‚Neun Helden‘ (Item, le grant tappiz du saint Grael […] Item, les deux tappiz des Neuf Preux). Im Dienst des französischen Königs hatte der walisische Fürst Owain Lawgoch [Wikipedia], auf Französisch Yvain de Galles, gekämpft und war im Juli 1378 bei der Belagerung von Mortagne-sur-Gironde von einem schottischen Spion ermordet worden. Sein Leben kommt jedoch kaum als Vorlage für den Teppich im Louvre in Frage. Der Teppich ist nur durch dieses Inventar bekannt. In der Yvain-Forschung findet diese bemerkenswerte Notiz selten Erwähnung. Roger Sherman Loomis weist ohne nähere Erklärung auf das Inventar hin (1938, S. 79 [abrufbar]).

Nach 1522 hörte die Yvain-Ikonographie für mehr als drei Jahrhunderte auf. Als die mittelalterlichen Fassungen der Erzählung im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts gedruckt wurden, begnügten sich die Herausgeber mit Text, bis auf eine Ausnahme: Lady Guest ließ den walisischen Owein mit vier Holzschnitten illustrieren, als sie ihn 1838 herausgab. Deutschland griff wenig später seine mittelalterliche Gewohnheit wieder auf, als das Schweriner Schloss 1856/1857 mit zwei Iwein-Malereien ausgeschmückt wurde. Außer dieser englischen und norddeutschen Ikonographie lässt sich zwischen 1522 und 1900 keine andere bildliche Darstellung der Löwenrittersage auffinden. Karl Michaeler versah zwar seine Iwein-Edition mit Holzschnitten, aber sie dienten lediglich als Ausschmückung am Anfang der Gesänge und beziehen sich keineswegs auf die Handlung (1786, S. 82 [abrufbar]; 1787, S. 4 [abrufbar]). Mit den sechs Belegen des 19. Jahrhunderts kommt die vorliegende Zusammenstellung auf 79 Zeugnisse aus dem Zeitraum 1300–1900. Sie sind fast alle abrufbar.

Diese Zusammenstellung berücksichtigt nicht die italienischen Federzeichnungen des Livre d’Yvain noch die schlesischen Wandmalereien in Boberröhrsdorf noch die angeblichen Iwein-Fresken in Grafenstein in Nordböhmen.

Die um 1400 in Norditalien entstandene Handschrift, die den anonymen Prosaroman Livre d’Yvain unikal überliefert, enthält 20 Federzeichnungen [ARLIMA]. Obwohl der Titel eine nähere Verwandtschaft andeutet, hängt nur der Anfang dieses Textes inhaltlich von Chrétien’s Yvain ab. In den ersten Zeilen des Romans kämpft Yvain mit einem Drachen, aber die Zeichnungen davor und daneben zeigen etwas ganz anderes. Auf der letzten Seite vor dem Textanfang sind zwei Reiter zweimal gezeichnet. Derjenige links ist bewaffnet, der andere nicht (Aberystwyth, National Library of Wales, MS 444-C, Bl. 1v [abrufbar]). Die nächste Seite hat zwei Zeichnungen. In der Großinitiale, die den Text eröffnet, ist ein Ritter gezeichnet, und unten auf derselben Seite kämpfen zwei Ritter zu Pferd miteinander vor sieben Zuschauern (Bl. 2r). Es ist möglich, dass Yvain auf diesen Zeichnungen dargestellt ist, aber kein Detail bezieht sich auf den Drachenkampf, der über den Namen des Titelhelden hinaus die einzige Verbindung zu Chrétien’s Roman herstellt.

In Boberröhrsdorf/Siedlęcin bei Hirschberg/Jelenia Góra [Wikipedia] erhebt seit 1313/1314 ein imposanter Wohnturm. 1880 wurden dort im dritten Stockwerk Wandmalereien aus der Mitte des 14. Jahrhunderts entdeckt und bald danach ohne Bezug auf den Iwein beschrieben (Klose 1887, S. 595–606, [608/609 = Farbabbildung] [abrufbar]). Sechs Szenen stellen Ritter dar. 1918 wurden sie in von dem schlesischen Lokalhistoriker Paul Knötel [Wikipedia] in Verbindung mit Hartmanns Roman gebracht. Er deutete drei Figuren als Iwein, Keie und Harpin (S. 72–98, mit Abbildung S. 83f. [PDF]). Diese These fand schnell mehrere Anhänger, wie Hans Naumann (1923, S. 82 [abrufbar]; 1923, S. 196 [abrufbar]), Edward Schröder (1924, S. 17 [PDF]) und Werner Fechter (1935, S. 79 [abrufbar]). 1938 wurde sie von Roger Sherman Loomis abgelehnt (S. 6 [abrufbar]) und gilt heute nach allgemeiner Meinung als falsch. Der erste Anhänger der These war der in Görlitz geborene und in Zittau ausgebildete Professor Hans Naumann [Wikipedia]. In einer Besprechung der Wandmalereien in Boberröhrsdorf behauptete er beiläufig: „Auch schloss Grafenstein bei Zittau enthält übrigens alte Iwein-Fresken“ (1923, S. 17; wörtlich wiederholt 1923, S. 196). Schröder und Fechter ließen sich ohne näheren Hinweis von ihrem prominenten Kollegen überzeugen. Schließlich liegt Grafenstein/Grabštejn [Wikipedia] nur sieben Kilometer südöstlich von Zittau, wo Naumann das Gymnasium besucht hatte. Dort stand seit der Mitte des 13. Jahrhunderts eine Burg. Sie wurde 1562 in ein Renaissanceschloss umgebaut, und eine Kapelle wurde dabei mit Fresken versehen [Wikipedia]. Als die Grafensteiner These 1923 veröffentlicht wurde, war Naumann Professor in Frankfurt/Main, aber er unterzeichnete seinen Aufsatz in Jena, wo er zwischen 1919 und 1921 lehrte. Er hatte schon längst Zittau und seine Geburtsgegend verlassen und mag sich an einen Ausflug nach Grafenstein während seiner Schulzeit erinnert haben.  Ob ihm in seiner Jenaer Zeit die Renaissancefresken vorschwebten, muss dahingestellt bleiben. Die Grafensteiner These, die nicht zu den fragwürdigsten Behauptungen dieses berüchtigten NS-Anhängers gehört, überlebte ihren 1951 verstorbenen Urheber, denn 1962 wurde sie noch von Wolfgang Stammler [Wikipedia] verteidigt (Sp. 642 [RI OPAC]), 1978 von Volker Mertens (S. 89 [GVK]). 1979 machten Norbert H. Ott und Wolfgang Walliczek darauf aufmerksam, dass Grafenstein „keine Fresken“ aufweist und stellten resigniert fest: „Wolfgangs Stammlers Hinwies auf ‚Iwein‘-Fresken in Schloß Grafenstein bei Zittau […] ist nicht zu verifizieren“ (S. 475 [RI OPAC]). Die Verifikation zeigt, dass nicht Stammler für diese falsche Spur verantwortlich ist, sondern Naumann.

Die Wandmalereien auf Schloss Rodenegg, 11 Szenen, Südtirol, 1200/1230

Rodenegg (Szene 8 Zauberring)Szene 8: Lunet gibt Iwein den Zauberring                                                                                  Aus: Wikipedia Commons

Die älteste Löwenritter-Ikonographie sind die Wandmalereien auf Schloss Rodenegg in der Gemeinde Rodeneck/Rodengo nördlich von Brixen in Südtirol. Die ursprüngliche Burg wurde im 12. Jahrhundert von den Herren von Rodank errichtet und gehört heute Nachkommen Oswalds von Wolkenstein. In den ersten Jahren des 13. Jahrhunderts wurde ein Zimmer mit einem Freskenzyklus ausgemalt. Er wurde erst 1972 wiederentdeckt und freigelegt [Wikipedia]. Er lässt sich in elf Szenen gliedern, die eine fortlaufende Geschichte aus dem Anfang des Romans darstellen. Weggeblendet wird dabei Kalogreants einleitende Erzählung von seinem missglückten Ausritt. Der Zyklus beschreibt eine Brautwerbung, die mit Iweins Ausritt beginnt und mit seiner Begegnung mit der durch Kampf und Todschlag erworbenen Burgherrin endet. Drei Szenen haben Beischriften mit lateinisch anmutenden Namenformen: „Aschelon“, „Ywain“ (Szene 5), „Lavdina“ (Szene 9), „Lavdina“, „Lvneta“, „[Y]wain“ (Szene 11). Diese Formen bestätigen, dass der Iwein als Vorlage für die Beischriften diente, nicht etwa die französische Fassung. Alle Szenen sind in schweißweißen Abbildungen abrufbar (Schupp 1982, S. 12–20 [PDF]), nur einige davon auch in farbiger Wiedergabe:

  • Szene 1: Das Mädchen des gastfreundlichen Burgherrn schaut Iwein nach (v. 976–979)
  • Szene 2: Der Waldmensch zeigt Iwein den Weg (v. 980–988) [abrufbar]
  • Szene 3: Iwein gießt Wasser auf den Brunnen (v. 989–993) [abrufbar]
  • Szene 4: Iwein kämpft mit Askalon (v. 999–1044) [abrufbar]
  • Szene 5: Iwein versetzt Askalon einen tödlichen Streich (v. 1045–1050) [abrufbar]
  • Szene 6: Das Fallgitter durchschlägt Iweins Pferd (v. 1099–1118)
  • Szene 7: Askalon stirbt bei seiner Frau (v. 1122–1125)
  • Szene 8: Lunet gibt Iwein den Zauberring (v. 1202–1211) [abrufbar]
  • Szene 9: Askalon wird bestattet (v. 1305–1311)
  • Szene 10: Die Burgbewohner suchen Iwein (v. 1370–1407)
  • Szene 11: Lunet führt Iwein vor Laudine (v. 2245–2369)

Die Wandmalereien des ‚Hessenhofs‘, 22 Szenen, Schmalkalden, 1200/1250

Hessenhof Lunet berät Laudine (Szene 10)Szene 10: Lunet berät Laudine                                                                                                      Aus: Wikipedia Commons

Am Neumarkt in Schmalkalden wurde zwischen 1200 und 1210 ein Herrenhof errichtet. Vor 1250 wurde dort ein Raum im Erdgeschoss mit Wandmalereien ausgeschmückt. Das Gebäude diente damals dem Verwalter des thüringischen Landgrafen als Wohnsitz. Als die Herrschaft Schmalkalden im 14. Jahrhundert an die Landgrafen von Hessen kam, wurde das Haus vom Verwalter der hessischen Landgrafen bezogen, daher der Name ‚Hessenhof‘. Der ausgeschmückte Raum befindet sich heute im Kellergeschoss, hat eine Fläche von etwa 16 m2 und endet oben in einem Gewölbe, unter welchem die Höhe rund 3 Meter erreicht. Die Wände sind nur 165 cm hoch. Die Wandmalereien beginnen an der Ostwand in mittlerer Höhe und gliedern sich in sechs Streifen mit je drei oder vier Sequenzen. Die Streifen decken das ganze Gewölbe bis zur Westwand und endeten ursprünglich mit einem siebten Streifen. Er ist heute zerstört. Die sechs erhaltenen Streifen haben insgesamt 21 Sequenzen in relativ schlechtem Zustand. Meist sind nur noch die Vorzeichnungen sichtbar und oft nur unvollständig. Die Streifen sind mit einer Ausnahme von der Tür aus zu lesen, nur die fünfte umgekehrt von der Hinterwand aus. An der flachen Wand neben der Tür ist oben eine breite Malerei mit einer Festgesellschaft zu sehen. Der sechste Streifen hat die Überschrift „IWAN“.

Obwohl diese Malereien nie übermalt wurden, erweckten sie kein oder wenig Interesse, bis sie 1896 vom Hildesheimer Senator Otto Gerland [Journals] als Iwein-Ikonographie erkannt wurden. Er bildete sie in sieben fotographischen Lichtdrucktafeln ab. Parallel dazu veröffentlichte er eigene Nachzeichnungen, um die Konturen hervorzuheben (Tafel I–VII) [abrufbar]. 1901 gab der Jenaer Kunsthistoriker und Professor Paul Weber [Wikipedia] eine ausführlichere Beschreibung und druckte alle Malereien ab (S. 73–84, 113–120 [abrufbar (Bild 96–118, 148–155)]; Sonderdruck [abrufbar]). Weber konnte mehr Details erkennen als Gerland, und seine Nachzeichnungen sind deutlicher. Die vorliegende Beschreibung beruht hauptsächlich auf Webers Skizzen und Vermutungen. Seine Deutung einiger Sequenzen ist jedoch unsicher, insbesondere diejenige der drei letzten. Außerdem schloss Weber seine Beschreibung mit der fragwürdigen Vermutung ab, der Maler habe nicht Hartmanns Iwein, sondern eine kürzere, dem walisischen Owein ähnliche Erzählung als Grundlage für seine Bilderfolge benutzt (S. 12 [abrufbar]). Diese Analyse gilt als überholt.

Trotz der beiden gedruckten Beschreibungen erregten die Wandmalereien des ‚Hessenhofs‘ am Anfang des 19. Jahrhunderts wenig Aufsehen. 1926 wurde jedoch eine Ansichtskarte mit dem Festmahl und den Sequenzen des dritten Streifens gedruckt [abrufbar]. 1938 wurden die thüringischen Wandmalereien von Roger Sherman Loomis in Arthurian Legends in Medieval Art erneut beschrieben und abgebildet. Durch dieses ikonographische Standardwerk machte ein internationales Publikum Bekanntschaft mit den Fresken (S. 77–79, Tafeln 159–167 [abrufbar]; 1966 [GVK]; 1975 [GVK]). Das Interesse an den Wandmalereien wuchs besonders stark nach der Entdeckung des Iwein-Zyklus auf Schloss Rodenegg 1972. Heute liegt eine umfangreiche Forschung zu den Wandmalereien des ‚Hessenhofs‘ vor: Lohne 1952 [GVK]; Bonnet 1986 [GVK]; Möller 1997, S. 389–453 [GVK]; Hafner 2006, S. 90–99 [auszugsweise abrufbar]; Hauck 2007, S. 10–102 [GVK]; Hauck 2008, S. 159–185 [PDF].

Der Raum des ‚Hessenhofs‘ mit den originalen Fresken ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Deshalb wurde 1996 in einem Gewölbekeller unter der Kirche von Schloss Wilhelmsburg eine Raumkopie gebaut [Bericht]. In diesem Schloss ist ein Museum eingerichtet [Wikipedia]. Sieben Szenen werden vom Zentralinstitut von Kunstgeschichte in hoher Farbauflösung dargeboten [abrufbar]. Die übrigen sind nur durch Webers Nachzeichnungen abrufbar:

  • Szene 1 (Streifen 1, erste Sequenz, sehr fragmentarisch erhalten): König Artus und die Königin in der Kemenate (v. 77–85) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 1 (abrufbar)]
  • Szene 2 (Streifen 1, zweite Sequenz, sehr fragmentarisch erhalten): Iwein reitet zum Kampf aus (v. 966–975) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 2 (abrufbar)]
  • Szene 3 (Streifen 1, dritte Sequenz, fragmentarisch erhalten): Iwein begegnet dem Waldmenschen, der eine Keule trägt (v. 979–988) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 3 (abrufbar)]
  • Szene 4 (Streifen 2, erste Sequenz, relativ gut erhalten): Iwein hat sein Pferd an eine Linde gebunden und begießt den Brunnen mit Wasser neben einer anderen Linde (v. 989–993) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 4 (abrufbar)]
  • Szene 5 (Streifen 2, zweite Sequenz, relativ gut erhalten): Iwein kämpft mit Askalon (v. 1001–1050) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 5 (abrufbar)]
  • Szene 6 (Streifen 2, dritte Sequenz, relativ gut erhalten): Iwein verfolgt Askalon in die Burg (v. 1051–1074) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 6 (abrufbar)]
  • Szene 7 (Streifen 2, vierte Sequenz, relativ gut erhalten): Lunet reicht Iwein den Zauberring (v. 1202–1211) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 7 (abrufbar)]
  • Szene 8 (Streifen 3, erste Sequenz, gut erhalten): Askalon liegt auf seinem Totenbett vor Laudine und drei weiteren Frauen (v. 1305–1364) [abrufbar; Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 8 (abrufbar)]
  • Szene 9 (Streifen 3, zweite Sequenz, gut erhalten): drei Männer mit gehobenen Schwertern suchen Iwein, der rechts seinen Zauberring betrachtet (v. 1370f.) [abrufbar: Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 9 (abrufbar)]
  • Szene 10 (Streifen 3, dritte Sequenz, gut erhalten): Lunet berät Laudine vor einem Turm (v. 1788–1992) [abrufbar; Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 10 (abrufbar)]
  • Szene 11 (Streifen 3, vierte Sequenz, gut erhalten): Lunet bringt Iwein vor Laudine (v. 2245–2369) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [8/9], Tafel 11 (abrufbar)]
  • Szene 12 (Streifen 4, erste Sequenz, gut erhalten): Laudine verkündet vor sechs Personen ihre Wahl (v. 2371–2415) [abrufbar: Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 12 (abrufbar)]
  • Szene 13 (Streifen 4, zweite Sequenz, gut erhalten): Laudine und Iwein werden von einem Geistlichen getraut (v. 2418–2420) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 13 (abrufbar)]
  • Szene 14 (Streifen 4, dritte Sequenz, fragmentarisch erhalten): Laudine und Iwein haben Beilager (v. 2431f.) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 14 (abrufbar)]
  • Szene 15 (Stirnwand): 10 Personen mit gehobenen Trinkbechern vor einem gedeckten Tisch, vermutlich die Hochzeitsgesellschaft mit den Neuvermählten in der Mitte (v. 2434–2442) [abrufbar; Nachzeichnung: Weber 1901, S. [12/13], Tafel III (abrufbar)]
  • Szene 16 (Streifen 5, erste Sequenz, gut erhalten): Artus begießt den Brunnen mit Wasser neben der Linde (v. 2529–2536) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 15 (abrufbar)]
  • Szene 17 (Streifen 5, zweite Sequenz, relativ gut erhalten): Iwein kämpft mit Keie (v. 2551–2582) [abrufbar: Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 16 (abrufbar)]
  • Szene 18 (Streifen 5, dritte Sequenz, relativ gut erhalten): Iwein reitet mit Keies Pferd zur Burg und trägt einen Schild mit weißem Adler (v. 2601f.) [abrufbar: Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 17 (abrufbar)]
  • Szene 19 (Streifen 5, vierte Sequenz, sehr fragmentarisch erhalten): die Gäste werden auf der Burg begrüßt (v. 2653–2682) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 18 (abrufbar)]
  • Szene 20 (Streifen 6, erste Sequenz, fragmentarisch erhalten): Iwein und Artus nehmen Abschied (v. 2956–2968) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 19 (abrufbar)]
  • Szene 21 (Streifen 6, zweite Sequenz, fragmentarisch erhalten): Iwein reitet nach der Heilung vom Wahnsinn wieder auf Abenteuer aus (v. 3824–3826) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 20 (abrufbar)]
  • Szene 22 (Streifen 6, dritte Sequenz, fragmentarisch erhalten): Iwein kämpft mit dem Drachen (v. 3828–3863) [Nachzeichnung: Weber 1901, S. [16/17], Tafel 21 (abrufbar)]

Die Miniaturen der Yvain-Handschrift P, 23 Szenen, Pikardie (heute Paris), Ende 13. Jh.

Yvain-Handschrift P (118r)Szene 22: Yvain reitet zu Laudine und kniet vor ihr nieder                                                      Aus: Gallica

Die am Ende des 13. Jahrhunderts in der Pikardie entstandene, heute in Paris befindliche Yvain-Handschrift P (BnF, français 1433) enthält 15 illustrierte Seiten: 2 mit ausgeschmückten Initialen am Anfang beider Texte, L’Âtre périlleux (‚der gefährliche Herd‘) et Yvain, und 13 mit meist mehrteiligen Miniaturen. Diese Miniaturen enthalten insgesamt 37 eingerahmte Szenen. L’Âtre périlleux hat vier Seiten mit Miniaturen: zwei ganzseitige Miniaturen vor dem Anfang mit fünf bzw. sieben Szenen (Bl. Av, Br) und zwei mehr als halbseitige Miniaturen in und nach dem Text (Bl. 55r, 60r). Der Yvain beginnt wie L’Âtre périlleux mit einer großen, mehrfarbigen Initiale, aus welcher eine Ranke herauswächst. Sie umrahmt den Text der ersten Seite. Auf dem unteren Stiel stehen drei Fabeltiere. In der elf Zeilen hohen Initiale ist auf goldenem Hintergrund ein auf weißem Pferd reitender Ritter mit Schild und rotem Mantel gemalt. Er stellt nicht unbedingt die Hauptfigur der Erzählung dar, denn Yvain wird gewöhnlich heraldisch gekennzeichnet. Das ist in elf Szenen der Fall. Yvain hat dort einen Schild mit goldenem Löwen auf blauem Hintergrund, und sein Pferd trägt eine Decke mit demselben Wappen (Szene 3, 4, 5, 8, 9, 13, 14, 15, 18, 19, 22). In neun weiteren Szenen wird der Protagonist ohne Wappen dargestellt (Szene 10, 11, 12, 17, 20, 21, 21, 22, 23), zum Beispiel wenn er nackt ist (Szene 11, 23). Die Miniaturen sind zwei Spalten breit und nehmen mindestens zwei Drittel der jeweiligen Seite ein, sodass oben oder unten meist nur Platz für weniger als 20 Verse übrigbleibt. Die Yvain-Miniaturen dieser Handschrift wurden 1993 von Nancy Black beschrieben, kommentiert, abgebildet und mit denjenigen der Yvain-Handschrift R verglichen (S. 45–75 [bedingt abrufbar], mit Verwechselung einiger Illustrationen). Die 23 Yvain-Szenen sind:

  • Szene 1 (Bl. 61ra: einspaltig; L-Initiale in v. 1): Ein Ritter mit rotem Mantel ohne Wappen (ohne direkten Bezug auf den Yvain) [abrufbar]
  • Szene 2 (Bl. 65r: zweispaltig; Text über der Miniatur: v. 496–514): Calogrenant, zweimal dargestellt, gießt links Wasser auf den Brunnen und kämpft rechts mit Esclados vor dessen Burg (v. 433–542) [abrufbar]
  • Szene 3 (Bl. 67v: zweispaltig: Text über der Miniatur: v. 766–788): Yvain wird vom gastfreundlichen, rot gekleideten Burgherrn und einer schönen, blau gekleideten Jungfrau empfangen (v. 775–790) [abrufbar]
  • Szene 4 (Bl. 69v: einspaltig, oben links: Text über der Miniatur: v. 976–990): Yvain kämpft zu Pferd mit Esclados vor einem Turm mit einem Fallgitter, unter dem ein blutiges Pferd liegt (v. 809–945) [abrufbar]
  • Szene 5 (Bl. 69v: einspaltig, oben rechts): Yvain unterhält sich mit Lunete, während jemand links den Kopf hinter einer Wand hervorsteckt und ein anderer aus einem Turmfenster herunterblickt (v. 969–1035)
  • Szene 6 (Bl. 69v: zweispaltig, unten): Esclados liegt auf einer Bahre und wird von seiner Frau und drei weiteren Personen beweint (v. 1056f.)
  • Szene 7 (Bl. 72v: zweispaltig: Text unter der Miniatur: v. 1299–1317): ein Trauerzug von 16 Personen nähert sich dem Eingang einer Kirche (v. 1144–1302) [abrufbar]
  • Szene 8 (Bl. 80v: zweispaltig, oben: Text über der Miniatur: v. 2261–2276): Yvain kämpft mit Keu (v. 2244–2253) [abrufbar]
  • Szene 9 (Bl. 80v: zweispaltig, unten): Yvain wird von vier Rittern als Sieger begrüßt, während Keu am Boden liegt (v. 2254–2290)
  • Szene 10 (Bl. 85r: einspaltig, oben links; Text unter der Miniatur: v. 2783–2798): Laudines Botin nimmt Yvain vor König Artus und zwei Rittern den Ring ab (v. 2774–2777) [abrufbar]
  • Szene 11 (Bl. 85r: einspaltig, oben rechts): Yvain jagt einen Hirsch nackt und wird von der Dame von Noroison und ihrer Begleiterin vor der Wohnung des Einsiedlers gefunden (v. 2827–2949)
  • Szene 12 (Bl. 85r: einspaltig, unten links): die Dame von Noroison behandelt vor zwei Begleiterinnen den nackten Yvain mit Salbe gegen den Wahnsinn (v. 2975–3001)
  • Szene 13 (Bl. 85r: einspaltig, unten rechts): Yvain, zweimal dargestellt, rettet den Löwen vom Drachen, und der Löwe legt sich dankbar vor seine Füße (v. 3335–3401)
  • Szene 14 (Bl. 90r: einspaltig, oben links; Text unter der Miniatur: v. 3359–3376): Yvain, zweimal dargestellt, spricht mit der im Turm eingesperrten Lunete und reitet für sie zum Kampf aus (v. 3555–3763) [abrufbar]
  • Szene 15 (Bl. 90r: einspaltig, oben rechts): Yvain kämpft gegen den schwarzen Riesen Harpin vor dessen rot gekleidetem Zwerg, der im Hintergrund vier junge Männer mit einer Keule schlägt (v. 4080–4239)
  • Szene 16 (Bl. 90r: einspaltig, unten links): Yvain, zweimal dargestellt, befreit Lunete vom Scheiterhaufen und greift zwei ihrer Gegner an (v. 4305–4500)
  • Szene 17 (Bl. 90r: einspaltig, unten rechts): Lunete versöhnt sich neben dem Scheiterhaufen mit Laudine, die mit vier Frauen vor einer Tür steht, während der Löwe sich im Vordergrund um Yvain kümmert, der verletzt am Boden liegt und das Tier gleichsam als Wappen auf sich trägt (v. 4501–4569)
  • Szene 18 (Bl. 104r: einspaltig, oben links; Text unter der Miniatur: v. 5067–5088): Yvain erreicht zusammen mit der jüngeren Schwester die Burg zum ‚Schlimmsten Abenteuer‘ (‚Pesme Aventure‘) (v. 5099–5103) [abrufbar]
  • Szene 19 (Bl. 104r: einspaltig, oben rechts): Yvain und die Jungfrau entdecken in der Burg 21 Sklavinnen (v. 5177–5203)
  • Szene 20 (Bl. 104r: einspaltig, unten links): Yvain kämpft mit Hilfe des Löwen gegen die zwei Dämonen mit dunkler Gesichtsfarbe (v. 5504–5662)
  • Szene 21 (Bl. 104r: einspaltig, unten rechts): Yvain, zweimal dargestellt, kämpft mit Gauvain und versöhnt sich mit ihm vor König Artus und drei weiteren Personen vor einer Tür (v. 5983–6312)
  • Szene 22 (Bl. 118r: zweispaltig ohne Text: nach v. 6806): Yvain, zweimal dargestellt, reitet zusammen mit Lunete und dem Löwen zu Laudine und kniet vor ihr nieder (v. 6705–6725) [abrufbar]
  • Szene 23 (Bl. 118r: zweispaltig; unten): Yvain, zweimal dargestellt, versöhnt sich mit Laudine, während Lunete Getränke bringt, und schläft nackt mit ihr im Bett (v. 6726–6801)

Die Miniaturen der Yvain-Handschrift R, 7 Szenen, Pikardie (heute Princeton), Ende 13. Jh.

Yvain-Handschrift R (52rb)              Szene 2: Ein Kaplan traut Yvain mit Laudine                                                                      Courtesy of Princeton University Library

Die am Ende des 13. Jahrhunderts in der Pikardie entstandene, heute in Princeton befindliche Yvain-Handschrift R enthält 16 Miniaturen und 11 ausgeschmückte Großinitialen. Eine Initiale und sechs Miniaturen illustrieren den Yvain. Alle sieben Illustrationen sind eine Spalte breit und enthalten je eine Szene. Diese Ikonographie befindet sich einerseits in der zehn Zeilen hohen Initiale am Anfang des Romans, andererseits unmittelbar über sechs mehrfarbigen fünf bis acht Zeilen hohen Initialen. Die sechs Miniaturen über Initialen umgibt je ein meist nur blauer, manchmal auch senkrecht roter Rahmen mit goldenen Ecken. Yvain wird fünfmal durch einen Schild mit einem weißen Löwen auf rotem Hintergrund gekennzeichnet (Szene 3–7). Nur bei seiner Trauung trägt er ein langes rotes Kleid ohne Wappen. Vermutlich ist er mit dem Ritter identisch, der in einer Anfangsinitiale zwischen Keu und Guenièvre sitzt und hier einen blauen Mantel trägt. Eine ausführliche Analyse mit schwarzweißer Abbildung sämtlicher Miniaturen bietet Robert L. McGrath (1963, S. 583–594 [bedingt abrufbar]). In der ursprünglichen Reihenfolge der Blätter stellen die sieben Miniaturen folgende Szenen dar:

  • Szene 1 (Bl. 40ra: in A-Initiale in v. 1): Keu tadelt Calogrenant vor Guenièvre und vier anderen Personen (v. 61–85) [abrufbar]
  • Szene 2 (Bl. 52rb: über O-Initiale in v. 2079): Ein Kaplan traut Yvain mit Laudine vor vier anderen Personen (v. 2141–2153) [abrufbar]
  • Szene 3 (Bl. 37ra: über M-Initiale in v. 3335): Yvain rettet den Löwen gegen einen Drachen (v. 3335–3375) [abrufbar]
  • Szene 4 (Bl. 56vb: über A-Initiale in v. 4117): Yvain kämpft mit Hilfe des Löwen gegen den rot gekleideten Riesen Harpin (v. 4186–4239) [abrufbar]
  • Szene 5 (Bl. 58vb: über L-Initiale in v. 4467): Yvain kämpft gegen Lunetes drei Ankläger (v. 4383–4552) [abrufbar]
  • Szene 6 (Bl. 26vb: über M-Initiale in v. 5447): Yvain kämpft mit Hilfe des Löwen gegen die zwei schwarzen Dämonen (v. 5448–5686) [abrufbar]
  • Szene 7 (Bl. 38rb: über M-Initiale in v. 6033): Yvain kämpft mit Gauvain, der einen roten Mantel trägt (v. 5989–6204) [abrufbar]

Die Stickereien des ‚Maltererteppichs‘, 2 Szenen, Freiburg/Breisgau, 1300/1320

Maltererteppich (Szene 8 +9)Iwein besiegt Askalon und bekommt einen Ring von Lunet in der Nähe von Laudine      Feld 8 und 9 des ‚Maltererteppichs‘                                                                                              Aus: Wikipedia Commons

Der ‚Maltererteppichs‘ [Wikipedia] ist nach den Geschwistern Anna und Johannes Malterer benannt, deren Vornamen auf den Teppich gestickt sind. Sie gehörten einem wohlhabenden Freiburger Adelsgeschlecht an, das seit 1303 belegt ist und 1386 im Mannesstamm erlosch [Wikipedia]. Johannes Malterer erscheint erstmals am 11. April 1317 in einer Urkunde, war Mitglied des Freiburger Stadtrats von 1324 bis 1350 und starb am 17. Februar 1360 (Kindler von Knobloch 1919, III, S. 11–14 [abrufbar]). Seine Schwester Anna war Nonne des Freiburger Dominikanerinnenklosters St. Katharina. Es gilt heute als gesichert, dass die Geschwister den Teppich für dieses Kloster stifteten, vermutlich zwischen 1300 und 1320.

Der Teppich ist 491 cm lang und 66 cm breit und enthält elf Darstellungen, die in Wolle auf Leinen gestickt sind. Sie werden von einem roten Rahmen umgeben und deutlich voneinander getrennt. Der Rahmen hat die Form eines gotischen Vierpasses. Elf Quadrate werden je um vier Halbkreisbögen erweitert. Die Szenen sind auf blauem Hintergrund dargestellt. Am Anfang und am Ende (Feld 1 und 11) sind in roten und gelben Majuskeln die Namen der beiden Auftraggeber neben deren Wappen zu sehen, links ANNA und rechts IOHANNES. Acht der übrigen neun Szenen zeigen paarweise, wie tapfere Männer von listigen Frauen übertölpelt werden (von links nach rechts): Samson, der mit einem Löwen kämpft und dann von Delila sein Haar abgeschnitten bekommt (Feld 2–3); Aristoteles, der in seinem Zimmer studiert und dann von Phyllis als Reittier benutzt wird (Feld 4–5); Vergil, der vor einem Turm mit einer Dame spricht und dann von ihr in einem Korb dem öffentlichen Spott preisgegeben wird (Feld 6–7); Iwein, der im Unwetter gegen Askalon kämpft und dann Laudines Diener wird (Feld 8–9). Die Szenen sind chronologisch eingeordnet und reichen von der alttestamentlichen Vorzeit über Griechenland und Rom zum arthurischen Zeitalter. Die letzte Szene zeigt, wie ein Einhorn den Kopf in den Schoß einer Frau legt, eine Allegorie der unbefleckten Empfängnis und ein Symbol der keuschen Gottesliebe (Feld 10).

Die erste Iwein-Szene verbindet verschiedene Ereignisse, indem es während des Kampfes blitzt und hagelt. Im Vordergrund ist der Marmorbrunnen zu sehen, auf den Iwein bei seiner Ankunft Wasser gegossen und auf diese Weise das Unwetter ausgelöst hat. Endlich trägt der Held schon einen Löwen als Helmzier, obwohl er diesem Tier erst später begegnet. In der Mitte versetzt er Askalon einen tödlichen Schwerthieb. Askalon trägt eine gelbe Krone auf seinem Mantel und erscheint dadurch als König. Dieser hohe Status ist der deutschen Fassung eigen, denn nur Hartmann erhebt den Brunnenherrn und damit auch Iwein zum König (v. 2274). In der zweiten Szene steht Iwein zwischen Lunet und Laudine. Lunet gibt ihm auf den ersten Blick den Zauberring. Die Begegnung des Helden mit Laudine verschmilzt also ikonographisch mit seiner Ankunft in ihrer Burg. Laudine trägt eine Krone, die ihre Würde als Königin hervorhebt (v. 2340). Iwein hat jetzt einen Schild mit einem schwarzen Löwen auf goldenem Hintergrund. Dieses Wappen erinnert an den Stauferlöwen [Wikipedia]. Der Ring, den Lunet in der Hand hält, könnte auch auf Iweins künftige Ehe hinweisen, und also den Ring darstellen, den Lunet später zurücknimmt. Zu den beiden Iwein-Szenen liegt eine umfangreiche, zum Teil abrufbare Forschung vor: Schweitzer 1904, S. 44–54 [abrufbar]; Wegener 1992, S. 187–196 [bedingt abrufbar]; Schröter 2014 [abrufbar]. Die Szenen sind:

  • Szene 1 (Feld 8): Iwein kämpft mit Askalon (v. 989–1055) [abrufbar]
  • Szene 2 (Feld 9): Lunet gibt Iwein einen Ring vor Laudine oder nimmt ihn von ihm zurück (v. 1202–1211, 2245–2369, 3193–3199) [abrufbar]

Die Wandmalerei auf Schloss Runkelstein, 1 Szene, Südtirol, 1385/1410

Iwein-Trias Runkelstein (Loomis 1938)                              Die besten Ritter: Parzival, Gawein und Iwein                                                                                Aus: Loomis 1938, Tafel 61

Runkelstein [Wikipedia] wurde um 1237 am nördlichen Rand von Bozen erbaut und 1385 von den Brüdern Franz und Niklaus Vintler erworben. Letzterer begann einen Umbau und ließ die Räume der Burg und den Burghof durch Fresken ausmalen. An eine Außenwand eines von einem Dach beschützten Altans wurden um 1400 neun Triaden gemalt. Am Anfang des 16. Jahrhunderts wurden sie überarbeitet, vermutlich im Auftrag Maximilians I., sodass die ursprüngliche Malerei nur noch schwer erkennbar ist. Die Identität der Figuren jeder Trias wurde oben durch eine Beischrift angegeben, aber diese Beischriften sind heute schwer lesbar oder sogar verwischt. Die Triaden sind von links nach rechts: (1) Hektor, Alexander, Cäsar; (2) Josua, David, Judas Makkabäus; (3) Artus, Karl der Große, Gottfried von Bouillon; (4) Parzival, Gawein, Iwein; (5) Aglie und Wilhelm von Österreich, Isolde und Tristan, Amelie von Willehalm von Orlens; (6) Dietrich von Bern, Siegfried, Dietleib; (7) drei Riesen; (8) drei Riesinnen; (9) drei Zwerge. Die drei ersten Triaden entsprechen dem Kanon der ‚Neun Helden‘, die sich seit dem 14. Jahrhundert in Literatur und Kunst großer Beliebtheit erfreuten [Wikipedia]. Niklaus Vintler ließ also dieses internationale Programm durch Helden und Heldinnen aus der einheimischen Literatur ergänzen.

Im Druck wurden die Triaden erstmals 1857 von dem Südtiroler Germanisten Ignaz Vinzenz Zingerle [Wikipedia] beschrieben (S. 468 [abrufbar]). Er deutete die Trias mit Iwein als eine Darstellung der drei besten Ritter und interpretierte einen zusätzlichen Ritter über der Tür am Ende des Altans als eine zweite Iwein-Darstellung. Er gab den Wortlaut der Beischriften nicht wieder. 1878 wurde Adolf Becker vor Restaurierungsarbeiten damit beauftragt, Kopien sämtlicher Wandmalereien zu machen. Er gab bei dieser Gelegenheit die Beischrift der Artustrias auf folgende Weise wieder: „all’ stund, die frumsten zu der tafl rund. Her parzival, Her gawein iwein.“ In einer Anmerkung erklärte er: „Alle Namen, welche Cursiv sind, wurden genau in der Orthographie des Originals copirt“ (S. xxv [abrufbar]). Die recte gedruckte Form ‚iwein‘ entspricht also offenbar nicht der Schreibung der damals noch lesbaren Beischrift. Es liegt jüngere Spezialliteratur zu den Wandmalereien vor, aber die für diese Beschreibung zugänglichen Publikationen enthalten keine Wiedergabe der Beischrift (Loomis 1938, S. 48f. [abrufbar]). Die drei Artusritter tragen je einen Speer und eine gelbe Krone. Parzival links ist rot gekleidet und hat einen weißen Anker auf rotem Hintergrund als Wappen. Gawein in der Mitte ist grün gekleidet und hat einen weißen Hirsch auf blauem Hintergrund als Wappen. Iwein rechts trägt einen weißen Mantel und hat einen weißen Federbusch auf der Krone. Das Wappen seines Schildes stellt erstaunlicherweise einen goldenen Adler auf blauem Hintergrund dar. Eine alte Ansichtskarte gibt diese Trias in Schwarzweiß wieder [abrufbar]. Loomis hat eine erheblich bessere Abbildung, ebenfalls in Schwarzweiß (1938, Tafel 61 [abrufbar]). Im Internet lässt sich momentan keine gute Farbabbildung auffinden:

  • Szene (vierte Trias): Parzival, Gawein und Iwein mit Krone, Schild und Speer (ohne direkten Bezug auf den Iwein) [abrufbar (Bild 19)]

Die Misericordien in Nordengland, 1 Szene in vier Varianten, Lincoln/Chester/Boston/Oxford, 1380–1480

Chester Miserikordie (Bond 1910)Chester Church: Iweins Pferd wird durch das Fallgitter gespalten                                              Aus: Bond 1910, S. 76

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert entstand eine englische Mode, Iweins durch das Fallgitter gespaltenes Pferd an Misericordien darzustellen. Misericordien sind Stützbretter im kirchlichen Chorgestühl [Wikipedia]. Das vermutlich älteste, um 1380 entstandene Beispiel für das gespaltene Pferd befindet sich in der Kathedrale von Lincoln [Wikipedia]. Wenig später wurde in Boston [Wikipedia] eine fast identische Misericordie geschnitten, wahrscheinlich als Kopie (um 1385). Weitere Darstellungen des gespaltenen Pferdes befinden sich in Chester (um 1390) und Oxford (um 1480), eine fünfte befand sich früher auch in Norwich. Dieses Motiv wurde erstmals 1910 von Francis Bond auf die Erzählung vom Löwenritter bezogen, mit einer Abbildung der Misericordie in Chester. 1938 hielt Loomis den englischen Ywain wohl zu Recht für den unmittelbaren Anlass zu dieser lokalen Mode und bildete die drei übrigen Misericordien ab.

  • Szene: Iweins Pferd wird durch das Fallgitter gespalten (Ywain, v. 679–684 = Iwein, v. 1113–1118) [Chester: Bond 1910, S. 76 (abrufbar); Lincoln, Boston, Oxford: Loomis 1938, Tafel 168–170 (abrufbar)]

Die Miniatur der Iwein-Handschrift p, 1 Szene, Westmitteldeutschland (heute Paris), 1400/1450

Iwein p (147r)Ein Ritter hebt sein Schwert zum Schlag aus                                                                              Aus: Gallica

Die Iwein-Handschrift p entstand in der Hälfte des 15. Jahrhunderts und ist in mittelfränkischer Mundart verfasst. Das bedeutet eine Entstehung in Westmitteldeutschland, wohl im Kölner und Trierer Raum [Wikipedia]. Im 17. Jahrhundert befand sie sich vermutlich in Luxemburg und kam während der Französischen Revolution nach Paris (BnF, Ms. allem. 115). Sie enthält nur den Iwein und beginnt mit der Zeichnung eines Mannes in Halbfigur (Bl. 1r [abrufbar]). Er trägt ein gelbes Hemd. Sonst sind keine Einzelheiten erkennbar. Der Mann sieht nicht wie ein Ritter aus und hat anscheinend keine Beziehung zur Handlung des Romans. Zur eigentlichen Iwein-Ikonographie gehört er also nicht. Interessanter ist eine Federzeichnung, die bei Iweins Ankunft in der Burg mit den 300 Sklavinnen eingetragen ist. Die Zeichnung nimmt einen freien Raum am rechten Rand ein und verdrängt keinen Text. Sie war also ursprünglich nicht vorgesehen und könnte theoretisch erheblich jünger als die Handschrift selbst sein (Bl. 147r). Ein Ritter, dessen Kopf nicht sichtbar ist, hat sein Schwert zum Schlag ausgehoben. Die Verse gegenüber dem Ritter beschreiben, wie Iwein von einem unfreundlichen Torwächter mit Drohungen empfangen wird. Er lässt ihn trotzdem in die Burg herein (v. 6171–6191). Weder Iwein noch der Torwächter greifen zur Gewalt, geschweige denn erheben ein Schwert. Die Zeichnung illustriert also nicht den gegenüberstehenden Text. Der Kampf mit den beiden Riesen, von denen die Frauen gefangen gehalten werden, beginnt erst 22 Seiten später (Bl. 158r–160r: v. 6677–6794). Es handelt sich um die letzte große Probe des Protagonisten, da sein letzter Kampf gegen Gawein abgebrochen wird. Der Riesenkampf ist von solcher Bedeutung, dass er in der französischen Vorlage als das ‚schlimmste Abenteuer‘ bezeichnet wird (v. 5101: pesme aventure). Die Zeichnung symbolisiert also vermutlich allgemein die Gefahr, die den Helden erwartet, und stellt nicht unbedingt den unfreundlichen Torwächter dar oder Iwein selbst. Sie ist demnach zur Iwein-Ikonographie zu rechnen. Sie wurde im Rahmen der Pariser Artusausstellung von Oktober 2009 bis Juni 2010 gezeigt [abrufbar + Katalog: Delcourt 2009 (GVK)].

  • Szene (Bl. 147r: Text neben der Zeichnung: v. 6171–6191): Ein Ritter hebt sein Schwert zum Schlag aus [abrufbar]

Die Miniaturen in Le chevalier au lion des Pierre Sala, 2 Szenen, Lyon (heute Paris), um 1522

Sala Yvain (2v)Szene 1: Calogrenant erzählt seine Geschichte                                                                            Aus: Gallica

Um 1522 bearbeitete Pierre Sala den Yvain und widmete diese Fassung einem Fürsten, den er als ‚Kaiser‘ lobte. Gemeint war König Franz I., der das Widmungsexemplar wohl persönlich überreicht bekam, als er Sala in Lyon besuchte. Die einzige bekannte Handschrift dieser modernisierenden und kürzenden Yvain-Bearbeitung ist aus Papier und befindet sich heute in Paris (BnF, français 1638). Von den vorgesehenen sechs Zeichnungen wurden nur drei ausgeführt. Der Künstler ist unbekannt, muss aber aus dem unmittelbaren Freundeskreis des Autors stammen. In der einzigen bisherigen Ausgabe dieser Fassung werden die drei Vignetten kurz beschrieben (Servet 1996, S. 15 [GVK]), aber nur die dritte abgebildet, und zwar als schwarzweiße Umschlagillustration [abrufbar]. Die ganze Handschrift ist in schwarzweißem Digitalisat abrufbar, nur die erste Vignette auch in farbiger Abbildung. Sie zeigt, wie Sala Franz I. sein Buch vor drei Rittern überreicht (Bl. 1r). Die Überreichung findet in einem Haus statt, das wohl die ‚Antiquaille‘, die Residenz des Autors auf dem Hügel von Fourvière, darstellen soll. Diese Vignette war von Oktober 2009 bis Januar 2010 eines der Exponate der Artusstellung der ‚Bibliothèque nationale de France‘ [abrufbar (schwarzweiß) + abrufbar (farbig)]. Da sie keine Episode des Romans darstellt, gehört sie nicht zur eigentlichen Yvain-Ikonographie. Die Handschrift enthält also nur zwei Yvain-Szenen:

  • Szene 1 (Bl. 2r; Text unter der Vignette, v. 37–46): Calogrenant erzählt zwei Rittern seine Geschichte, während Guenièvre hinter einer Tür zuhört und König Artus schläft (Sala, v. 56–98 = Chrétien, v. 42–68) [abrufbar]
  • Szene 2 (Bl. 13v; Text über und unter der Vignette, v. 461–470): Calogrenant liegt vor Esclados am Boden neben dem Brunnen (Sala, v. 486–496 = Chrétien, v. 536–543) [abrufbar]

Die Holzschnitte im Mabinogion der Lady Guest, 4 Szenen, Wales, 1838

Owein (Guest 1838 S. 01)Szene 1: Owein löst am Brunnen ein Unwetter aus                                                                    Aus: Guest 1838, S. 1

1838 gab Lady Guest den ersten Teil des Mabinogion heraus, 1839 den zweiten. Der erste Teil enthielt den walisischen Owein mit englischer Übersetzung, den Erstdruck des Yvain und eine Vorstellung der übrigen Varianten der Erzählung. Der zweite Teil enthielt den Peredur mit Übersetzung und die Varianten der Perceval-Erzählung. Der Owein und der Peredur waren mit je vier Holzschnitten versehen. Beide Erzählungen und beide Übersetzungen begannen und endeten mit einem Holzschnitt. Unter dem Holzschnitt, mit dem die Übersetzung des Peredur beginnt, ist links ein Name zu lesen, wohl „A. Fussell“ (?), rechts ein anderer, der auch unter späteren Holzschnitten des Mabinogion erscheint und von der Forschung als „B. Williams“ gelesen wird (Guest 1839, S. 297 [abrufbar]). Dieser Künstler hat sich nicht ermitteln lassen (Owens 2020, S. 76 [auszugsweise abrufbar]). Lady Guest erwähnt ihn einmal in ihrem Tagebuch. Am 11. März 1842 besuchte sie ihn „bezüglich der Holzschnitte“ des fünften Teils (Went to Williams about the woodcuts for Nr. 5, Ed. Rhys 1921, S. 32 [abrufbar]). Lady Guest wohnte im Dorf Dowlais [Wikipedia] nahe Merthyr Tydfil nördlich von Cardiff, als sie das Mabinogion herausgab. Sie war fast Nachbarin des walisischen Schulmeisters und Dichters Taliesin Williams [Wikipedia], der in Merthyr Tydfil wohnte und tätig war. Sie hatte ihn schon 1833 bei ihrer Ankunft in Wales getroffen und 1835 wiedergesehen (Owens 2020, S. 22, 38). Der Holzschneider dürfte also in der Familie des Schulmeisters zu suchen sein. Besser bekannt ist Lady Guests Lithograf Joseph Netherclift [Wikipedia]. Die vier Holzschnitte des Owein sind unverändert in der Zweitausgabe von 1849. Die dritte Ausgabe von 1877, die das walisische Original wegließ, übernahm dessen ersten Holzschnitt. 1902 erschien eine vierte illustrierte Auflage. Hier wurden alle vier Holzschnitte in die Übersetzung eingefügt. Die zwei Holzschnitte der walisischen Fassung sind eindeutiger als diejenigen der Übersetzung, die zwei Kämpfe schildern. Sie stellen wohl zwei Phasen von Iweins Begegnung mit dem Brunnenherrn dar. Wenn diese Deutung stimmt und die vier Holzschnitte nach dem Inhalt der dargestellten Episode geordnet werden, ergibt sich folgende Reihenfolge:

  • Szene 1 (Guest 1838, S. 1 = 1849, S. 1 = 1877, S. 3 = 1902, S. 36): Owein löst am Brunnen ein Unwetter aus (Owein, B 63527–31 = Iwein, v. 992–998) [abrufbar + abrufbar + abrufbar + abrufbar]
  • Szene 2 (Guest 1838, S. 39 = 1849, S. 39 = 1902, S. 15): Owein kämpft mit dem Brunnenherrn (Owein, B 63537–45 = Iwein, v. 999–1050) [abrufbar + abrufbar + abrufbar]
  • Szene 3 (Guest 1838, S. 84 = 1849, S. 84 = 1877, S. 30 = 1902, S. 50): Owein verfolgt den Brunnenherrn (Owein, B 63545–6364 = Iwein, v. 1051–1074) [abrufbar + abrufbar + abrufbar + abrufbar]
  • Szene 4 (Guest 1838, S. 38 = 1849, S. 38 = 1902, S. 43): Owein rettet den Löwen vom Drachen (Owein, B 64929–38 = Iwein, v. 3828–3864) [abrufbar + abrufbar + abrufbar]

Die Wandmalereien im Sagenzimmer des Schweriner Schlosses, 2 Szenen, Schwerin, 1856/1857

Elster Schwerin (Drachenkampf)Iweins Drachenkampf                                                                                                                    Foto: Landesamt für Kultur und Denkmalpflege/Achim Böte                                                Aus: Dann 2007, S. 115

Das heutige Schweriner Schloss [Wikipedia] entstand zwischen 1845 und 1857 und gilt als Musterbeispiel des romantischen Historismus und als ‚Neuschwanstein des Nordens‘. Im ersten Stock befindet sich ein kleinerer Raum, der als ‚Sagenzimmer ‘ konzipiert wurde. Kurz vor der Vollendung der Bauarbeiten wurde der obere Teil der vier Wände mit einem Freskenzyklus aus zwölf lünettenförmigen Malereien versehen. Sie sind knapp einen Meter hoch und reichen bis zum Deckengesims. Pflanzenranken nehmen die oberen Ecken außerhalb der Halbbögen ein. Die drei ersten Malereien stellen Szenen aus der Gudrun dar, die drei folgenden Szenen aus dem Tristan, die drei nächsten Szenen aus dem Parzival und die drei letzten Szenen aus dem Iwein und dem Armen Heinrich. An eine Wand sind vier Dichter gemalt und mit Nameninschriften gekennzeichnet, links von der Tür „Gottfried von Straßburg“ und „Walther von der Vogelweide“, rechts „Wolfram von Eschenbach“ und „Hartmann von der Aue“. Walther wurde also als Autor der Gudrun betrachtet und wird in der jüngsten Beschreibung des Sagenzimmers noch so beschrieben. Die Fresken wurden von Gottfried Rudolf Elster [Wikipedia] gemalt. Er ist für religiöse und historische Wandgemälde bekannt (Thieme/Becker 1914, X, S. 490 [abrufbar]), aber die Schweriner Fresken haben ihm wenig Ruhm eingebracht. Unter jeder der zwölf Wandmalereien ist ein Reimpaar in jambischen Versen angebracht. Sie stammen nicht aus den jeweiligen Werken, sondern wurden für das Sagenzimmer von Georg Carl Julius zur Nedden, Geheimem Hofrat und Ministerialsekretär im Ministerium des Inneren in Schwerin [Universität Rostock], gedichtet. Die beiden Iwein-Fresken stellen die Heilung des Titelhelden durch die Dame von Narison und seinen Drachenkampf dar und haben folgende Begleitverse: „Im Walde ruht Iwein, verworren ist sein Sinn. / Ihm naht mit Zaubertrank vom Schloss die Retterin.“ und „Der den Drachen hat bezwungen, muthiglich den Leu’n befreit / Ritter Iwein mit dem Löwen preiset hoch die Heldenzeit.“

Die Fresken wurden am 26. März 1857 in einer Nummer des Deutschen Kunstblatts als vollendet beschrieben (Eggers 1857, S. 114 [abrufbar]), fanden am 5. Mai 1872 in einer Nummer der Zeitschrift Daheim kurze Erwähnung (1872, S. 504 [abrufbar], wurden aber erst 2007 von Thomas Dann ausführlich beschrieben und abgebildet (S. 113f. [GVK]). Neulich widmete das Schweriner Infomagazin dem Sagenzimmer einen Artikel mit dem ansprechenden Titel ‚Frühe Comics‘ im Schloss (2020, S. 17 [PDF]). Hier findet auch der Autor der Begleitverse Erwähnung. Die vier Dichterporträts liegen noch nicht in gedruckten Abbildungen vor und sind auch nicht abrufbar. Vermutlich handelt es sich um das erste Hartmann-Porträt seit den Liederhandschriften B und C. Eine Suche nach abrufbaren Fresken ergab fünf Treffer aus fünf verschiedenen Werken: aus der Gudrun [abrufbar + abrufbar (Bild 8)], dem Tristan [abrufbar], dem Parzival [abrufbar (Bild 6)], dem Iwein (Szene 1) und dem Armen Heinrich [abrufbar]. Die beiden Iwein-Szenen entsprechen folgenden Versen:

  • Szene 1: Die Dame von Narison bestreicht Iwein mit einer Salbe (Iwein, v. 3475–3477) [abrufbar]
  • Szene 2: Iwein rettet den Löwen vom Drachen (Iwein, v. 3828–3864)