Tístrams táttur

Das Tístrams táttur (‚Tistrams Lied‘) ist eine färöische Ballade. Sie ist in einer Aufzeichnung von 1848 unikal überliefert. 1847 kehrte der in Kopenhagen theologisch ausgebildete Färinger Venceslaus Ulricus Hammershaimb in seine Heimat zurück und begann Lieder zu sammeln. 1878 lieh er ohne Quellenangabe seine Aufzeichnung an den Isländer Gísli Brynjúlfsson aus. Dieser besorgte den Erstdruck. 1891 gab Hammershaimb selbst das Lied heraus und erklärte, er habe es 1847 von „einer alten Frau“ (en gammel kone) in Fámjin von Suðuroy erhalten (Hammershaimb 1891, S. 222). Diese Ortschaft an der Westküste der Insel hat heute nur 105 Einwohner. Wegen der niedrigen Bevölkerungszahl hat sich die anonyme Sängerin mit einer damals 77-jährigen Greisin namens Anna Hansdatter identizieren lassen.

Das Lied hat 37 Strophen und ist mit der isländischen Ballade Tristrams kvæði verwandt. Fast alle färöischen Liederaufzeichnungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beruhen laut ihren Besitzern auf mündlichen Vorträge anonymer alter Leute. Deshalb sind diese Aussagen verdächtig. Es ist denkbar, dass Hammershaibs selbst das Lied dichtete, weil er seinen Landsleuten Anteil an der Tristansage geben wollte. 1822 hatten die Färinger durch die Veröffentlichung des Sjurdlieds eine lokale Variante der Nibelungensage bekommen.

Im Erstdruck trägt das Lied den Titel Tistrams kvæði. Erst Hammershaimb führte die heutige Bezeichnung ein. Die maßgebliche Ausgabe wurde nach Svend Grundtvigs Vorarbeiten von Napoleon Martin Sivert Djurhuus im fünften Band der Reihe Føroya kvæði als Nr. 110 veröffentlicht (Djurhuus 1968, S. 283).

Online-Ausgaben

Online-Übersetzung