Tristan als Mönch

Der Tristan als Mönch ist die einzige episodische Bearbeitung der Tristansage in deutscher Sprache. Überliefert ist der Text in zwei nah verwandten Handschriften zwischen Gottfrieds Tristan und Ulrichs Fortsetzung. Die ältere Handschrift (R) stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und ist mit 91 Federzeichnungen illustriert, davon zehn im Tristan als Mönch (Bl. 512r, 519v, 527r, 531r, 541v, 546v, 551r, 565v, 572v, 577v). Die jüngere Handschrift (S) entstand 1722 im Elsass, vermutlich in Straßburg, und wurde dort von einem Schreiber des Frankfurter Ratsherrn und Büchersammlers Zacharias Konrad von Uffenbach nach einer 1489 von einem gewissen Hans Brant angefertigten Vorlage (*S) abgeschrieben (vgl. Notiz auf Seite 637 von S). Diese Vorlage kam in den Besitz des Straßburger Professors Johann Georg Scherz und wurde von ihm für sein Wörterbuch Glossarium Germanicum medii aevi benutzt. In der zweibändigen Ausgabe, die der Straßburger Gelehrte Jeremias Jakob Oberlin herausgab, wurde unter der Bezeichnung „Historia de Tristano“ auf diese Handschrift verwiesen (Oberlin, 1781, S. v). Sie ging vermutlich 1870 beim Brand der Straßburger Stadtbibliothek zugrunde. Nach dem Brand wurde sie irrtümlicherweise als Gottfrieds Original beschrieben (Rathgeber 1876, S. 34). Der Autor bezog sich damals auf zwei ältere Straßburger Beschreibungen des Tristan, in denen die dortige Handschrift in Wirklichkeit keine Erwähnung findet (vgl. Strobel 1841, S. 531 ff. und Baquol/Ristelhuber 1865, S. 538). Die Abschrift wurde vermutlich aus von Uffenbachs Nachlass vom Stadtbibliothekar Johann Christian Wolf gekauft und nach Hamburg gebracht. Er vermachte seine Sammlungen an die Stadtbibliothek. Die Abschrift wurde von der Forschung bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts berücksichtigt, zum Beispiel im Erstdruck des Tristan als Mönch 1895. Im Zweiten Weltkrieg kam sie nach Moskau und kehrte erst im November 1990 nach Hamburg zurück (vgl. Horváth/Stork 2002, S. 73 [PDF]), Datum der Rückkehr nach freundlicher Mittteilung von Herrn Dr. Hans-Walter Stork im Juli 2013). In älterer Forschung bezeichnete S meist die verlorene Vorlage, *S die Abschrift. Seit der Wiederentdeckung ist es eher umgekehrt und auch besser so, aber manchmal wird noch an den alten Bezeichnungen festgehalten. Gewöhnlich bezeichnet das Sternchen jedoch eher verlorene Texte als Abschriften.

Die Erzählung umfasst 2705 Verse. Sie berichten von Tristans erfolgreichem Versuch, als Mönch verkleidet zu seiner Geliebten Isolde vorzudringen: „Tristan findet im Wald die Leiche eines unbekannten Ritters und lässt durch den getreuen Kurvenal verkünden, dass Tristan, im Kampfe gefallen, tot im Wald liege. Die Leiche wird nach Cornwall überführt, um dort bestattet zu werden. Tristan begleitet den Leichenzug als Mönch, offenbart sich Isolde und genießt mit ihr ungestört Liebesfreuden.“ (De Boor 1962/51997, S. 78)

Der Text scheint um 1250 im südwestdeutschen Raum entstanden zu sein, höchstwahrscheinlich in der Nachfolge Gottfrieds und vielleicht ohne französische Vorlage. Die Episode hat eher schwankhaften Charakter, und dies spricht für eine Entstehung nach 1220. Vor diesem Datum ist diese Gattung nicht in Deutschland belegt. Nur an einer Stelle wird direkt auf ein mittelhochdeutsches Werk Bezug genommen, und zwar auf den elsässischen Reinhart Fuchs vom frühen 13. Jahrhundert. Im Tristan als Mönch wird Marke mit dem Wolf Isengrim verglichen, der von seiner Frau Hersant und vom Fuchs Reinhart betrogen wurde (Paul 1895, v. 2656–2659).

Kurzbeschreibung

  • Beziehung zur Tristansage: Wiederkehrepisode
  • Überlieferung: 2 Handschriften (RS) → Handschriftencensus + Marold 1906
  • Online-Überlieferung: R (Vollanzeige: Bl. 511r–578v)
  • Titel: Tristan als Mönch (Paul 1895)
  • Verfasser: anonym
  • Sprache: mittelhochdeutsch
  • Länge: 2705 Verse (Paul 1895)
  • Form: paargereimte Verse
  • Entstehungszeit: um 1250
  • Entstehungsort: alemannischer Sprachraum
  • Erstdruck: Paul 1895
  • Online-Übersetzungen: keine
  • Hauptquelle: unbekannt
  • Rezeption: vielleicht keine
  • Beschreibungen: Mediaewiki, Arlima