Keltische Zeugnisse

Der Ursprung der Tristansage wird oft im keltischen Sprachgebiet gesucht, vor allem in Wales und in Cornwall. Die Tatsache, dass die Handlung tatsächlich dort spielt, bedeutet allerdings nicht, dass die Geschichte auch ursprünglich dort gedichtet wurde. Zur Unterstützung der keltischen Hypothese werden unterschiedliche Belege herangezogen, einerseits Namen, andererseits Handlungsstrukturen, die an die Tristansage erinnern.

  • Auf den britischen Inseln hatten einige frühmittelalterliche Könige und Fürsten Namen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Tristan und Isolde aufweisen. Der berühmteste und älteste Beleg ist der Tristan-Stein in Fowey im südlichen Cornwall. Er ist rund zwei Meter hoch und trägt auf einer Seite eine heute nicht mehr lesbare zweizeilige lateinische Inschrift. Sie wird als DRVSTANVS HIC IACIT CVNOMORI FILIVS (‚hier liegt Drustan, Sohn von Conomor‘) gedeutet (vgl. Hübner 1876, S. 7). Um 1540 konnte John Leland eine dritte Zeile erkennen. Er las damals Conomor et filius cum Domina Clusilla (‚mit Ehefrau Clusilla‘) (vgl. Smith 1907, S. 207) und übersah offenbar dabei die erste Zeile. Sein Zusatz, der heute nicht mehr zu sehen ist, wird gewöhnlich als Fehllesung für cum Domina Ousilla und als Hinweis auf eine keltische Form von Isoldes Namen interpretiert. Der Stein und die Inschrift werden ins 6. Jahrhundert datiert. Damals wird Conomor als Graf erwähnt. Seine Existenz ist durch Gregor von Tours belegt (Historia Francorum IV,4).
  • Verschiedene irische Erzählungen weisen inhaltliche Gemeinsamkeiten mit der Tristansage auf. Die wichtigste davon ist die Liebesgeschichte Diarmuid und Gráinne. Sie ist in dem um 1160 entstandenen Buch von Leinster fragmentarisch überliefert, vollständig erst in Handschriften aus dem 16. und 17. Jahrhundert.